2 Besteht ein gesetzlicher Güterstand und wenn ja, was sieht dieser vor?
2.1. Welche Güter zählen zum Gemeinschaftsvermögen? Welche Güter zählen zum Eigenvermögen der Ehegatten?
Spanien hat nicht nur einen ehelichen Güterstand bzw. diesbezügliche gesetzliche Bestimmungen. Die folgenden Antworten beziehen sich daher speziell auf das spanische Zivilgesetzbuch (mit Ausnahme der Darstellung der Gesetzgebung in den Autonomen Gemeinschaften unter Punkt 2.7).
Es gilt der eheliche Güterstand, den die Ehegatten in ihrem Ehevertrag festgelegt haben (Art. 1315 CC). In Ermangelung eines Ehevertrags gilt der eheliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (sociedad de gananciales) (Art. 1316 CC), der eine Ausprägung des Systems der Gütergemeinschaft darstellt. Erwerbe und Zugewinne, die einer der Ehegatten während des Bestehens dieses Güterstandes tätigt bzw. erzielt, gehören beiden Ehegatten und werden bei Auflösung des Güterstandes zu gleichen Teilen aufgeteilt (Art. 1344 CC). Dieses System ermöglicht sowohl die Existenz von Eigenvermögen als auch von gemeinschaftlichem Vermögen und die Umwandlung von Eigenvermögen in gemeinschaftliches Vermögen bzw. umgekehrt durch eine Vereinbarung zwischen den Ehegatten in Form einer öffentlichen Urkunde. Vermögenswerte, die als Teil des Eigenvermögens gelten, werden in Artikel 1346 CC aufgeführt. Hierzu gehören Vermögenswerte, welche die Ehegatten mit in die Ehe gebracht haben, sowie jene, die sie unentgeltlich während der Ehe erworben haben.
Die Vermögenswerte, die als Teil des gemeinschaftlichen Vermögens gelten, werden in Artikel 1347 CC aufgeführt. Jeder Ehegatte kann frei über seine eigenen Vermögenswerte verfügen. Ein Ehegatte haftet auch nicht für die Verbindlichkeiten des jeweils anderen (Art. 1373 CC).
2.2. Bestehen rechtliche Vermutungen in Bezug auf die Zuordnung bestimmter Güter?
Bei der Errungenschaftsgemeinschaft besteht die rechtliche Vermutung, dass die Vermögenswerte der Ehegatten dem gemeinschaftlichen Vermögen zuzurechnen sind, sofern nichts anderes nachgewiesen wird (Art. 1361 CC).
2.3. Sollten die Ehegatten ein Vermögensverzeichnis erstellen? Wenn ja, wann und in welcher Form?
Es ist vor der Eheschließung nicht erforderlich, allerdings nützlich, eine Inventarliste der Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten zu erstellen. Jedoch ist nach Auflösung der Gütergemeinschaft und vor der Aufteilung der Vermögenswerte eine Inventarliste zu erstellen (Art. 1396 CC). Sie ist außerdem erforderlich, wenn die Gütergemeinschaft aufgrund eines Gerichtsurteils aufgelöst wird und weiterhin Uneinigkeit über das Bestehen eines Grundes für die Auflösung besteht (Art. 1394 CC).
2.4. Wer ist für die Verwaltung des Vermögens zuständig? Wer ist berechtigt, darüber zu verfügen? Darf ein Ehegatte das Vermögen alleine verwalten/darüber verfügen oder ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich (z.B. im Fall der Verfügung über die Ehewohnung)? Welche Folgen hat die fehlende Zustimmung für die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts und im Verhältnis zu Dritten?
Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens wird in den Artikeln 1375-1391 CC geregelt. Jeder Ehegatte verwaltet sein Eigenvermögen selbst (obwohl in Hinsicht auf das Familienheim spezielle Vorschriften bestehen; demnach ist immer das Einverständnis beider Ehegatten erforderlich, wenn darüber verfügt werden soll) (Art. 1320 CC). Das gemeinschaftliche Vermögen wird von beiden Ehegatten gemeinsam verwaltet (Art. 1375 CC), sofern sie in einem Ehevertrag nichts anderes vereinbart haben. Prinzipiell können die Ehegatten während der Ehe frei über ihr Eigenvermögen verfügen.
Ein Ehegatte kann das gemeinschaftliche Vermögen unter Ausübung seiner „häuslichen Befugnis“ alleine verwalten und darüber verfügen (Art. 1319 CC und Art. 1365 CC). Hiervon ausgeschlossen ist das Familienheim (selbst wenn dieses nur einem der Ehegatten alleine gehört, ist die Zustimmung des jeweils anderen Ehegatten erforderlich (Art. 1320 CC)).
2.5. Gibt es Rechtsgeschäfte, die von nur einem der Ehegatten abgeschlossen werden, aber dennoch auch den anderen binden?
In Fällen, die nicht unter die häusliche Befugnis fallen, ist für die Verfügung über gemeinschaftliches Vermögen das Einverständnis beider Ehegatten erforderlich, obwohl die erforderliche Zustimmung unter bestimmten Umständen auch von einem Gericht erteilt werden kann (Art. 1377 CC). In Ermangelung der Zustimmung kann ein Ehegatte das entsprechende Verfügungsgeschäft anfechten (Art. 1322 und 1377 CC). Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, ist immer das Einverständnis beider Ehegatten erforderlich, anderenfalls ist das Verfügungsgeschäft nichtig (Art. 1378 CC). Das Gesetz trifft auch Vorkehrungen für betrügerische Handlungen, welche die Rechte des jeweils anderen Ehegatten verletzen (Art. 1391 CC).
Ein Rechtsgeschäft, das von einem Ehegatten geschlossen wurde, ist für den jeweils anderen Ehegatten nur verbindlich, wenn dieser es ausdrücklich oder stillschweigend bestätigt. Ansonsten kann das Rechtsgeschäft angefochten werden (Art. 1322 CC) und, im Betrugsfall, für ungültig erklärt werden (Art. 1391 CC).
2.6. Wer haftet für Schulden, die während der Ehe eingegangen wurden? Welches Vermögen darf von den Gläubigern zur Befriedigung ihrer Forderungen herangezogen werden?
Ein Ehegatte kann zur Begleichung seiner persönlichen Verbindlichkeiten nur sein Eigenvermögen heranziehen. Ist dieses allerdings nicht ausreichend, können die Gläubiger auch Forderungen gegen seinen Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen richten (Art. 1373 CC). In diesen Fällen wird das gemeinschaftliche Vermögen aufgelöst und die Gütertrennung gelangt zur Anwendung (Art. 1374 CC).
Das gemeinschaftliche Vermögen kann für die Deckung der ehelichen Ausgaben (Art. 1318 CC) und die Befriedigung der Bedürfnisse der Familie sowie für die übliche Verwaltung der Vermögenswerte und die Ausübung des Berufs bzw. die berufliche Tätigkeit der Ehegatten aufgewendet werden (Art. 1362 CC). Verbindlichkeiten, die von einem Ehegatten in Ausübung seiner häuslichen Befugnis eingegangen werden, können aus dem gemeinschaftlichen Vermögen, dem Eigenvermögen des Schuldner-Ehegatten und subsidiär aus dem Eigenvermögen des jeweils anderen Ehegatten befriedigt werden (Art. 1319 CC). Das gemeinschaftliche Vermögen kann von Gläubigern immer herangezogen werden (Art. 1365 CC). Ein Ehegatte, der gemeinschaftliche Verbindlichkeiten aus seinem Eigenvermögen getilgt hat, hat einen Anspruch auf Erstattung aus dem gemeinschaftlichen Vermögen (Art. 1364 CC).
In den Autonomen Gemeinschaften (Regionen) gibt es ebenfalls gesetzlich vorgeschriebene eheliche Güterstände:
- Aragón (Aragonien): Es gilt die Vertragsfreiheit (Art. 195 Código Civil Foral de Aragón). Der anzuwendende Güterstand kann in einem Ehevertrag festgelegt werden, der in Form einer öffentlichen Urkunde ausgefertigt sein muss. Die Ehegatten können darin die Gütertrennung vereinbaren. In Ermangelung eines Vertrags gilt die consorcial aragonés, die der Errungenschaftsgemeinschaft ähnlich ist (Art. 210-270 Código Civil Foral de Aragón).
- Cataluña (Katalonien): In Ermangelung eines entsprechenden Vertrags gilt die Gütertrennung (Art. 231-10 des katalonischen Zivilgesetzbuchs). Diese ist in Art. 231-11 bis 231-30 des katalonischen Zivilgesetzbuchs geregelt.
- Baleares (Balearische Inseln): In Ermangelung eines entsprechenden Vertrags gilt die Gütertrennung (Art. 67 Compilación Baleares).
- Navarra: Die Ehegatten können sich vertraglich auf eine Gütertrennung oder eine universelle Gütergemeinschaft einigen. In Ermangelung eines entsprechenden Vertrags gilt die sociedad familiar de conquistas, eine Errungenschaftsgemeinschaft, die der im spanischen Zivilgesetzbuch geregelten sociedad de gananciales ähnlich ist (Ley 82 de Compilación Navarra).
- País Vasco (Baskenland): Gemäß Art. 93-111 Ley De Derecho Civil Foral Pais Vasco steht es den Ehegatten frei, einen Ehevertrag abzuschließen. Wird ein Vertrag nicht abgeschlossen, gilt der regionale Güterstand (die comunicación foral, eine universelle Gütergemeinschaft, die in Art. 93-111 Ley De Derecho Civil Foral Vasco geregelt ist). In von dieser Regelung ausgenommenen Regionen (Art. 6 Ley Derecho Civil Foral de Vizcaya, das regionale Zivilrecht von Biskaya), gilt das gemeinspanische Recht (also bei Nichtexistenz eines Vertrages die sociedad de gananciales, wie im Zivilgesetzbuch geregelt).
- Galicia (Galicien): Der anzuwendende Güterstand wird durch den Ehevertrag festgelegt. In Ermangelung eines solchen Vertrags gilt die sociedad de gananciales (Art. 171 Ley Derecho Civil de Galicia).
- Valencia: Unter den Ehegatten, denen es frei steht, einen Ehevertrag abzuschließen, gilt vollständige Freiheit und Gleichheit. In Ermangelung eines Vertrags gilt die Gütertrennung (Ley de Régimen Económico Matrimonial Valenciano).