2 Besteht ein gesetzlicher Güterstand und wenn ja, was sieht dieser vor?

2.1. Welche Güter zählen zum Gemeinschaftsvermögen? Welche Güter zählen zum Eigenvermögen der Ehegatten?

England/Wales

England und Wales haben keinen ehelichen Güterstand als solchen, es existiert also keine Gütergemeinschaft und die Eheschließung an sich hat keine vermögensrechtlichen Auswirkungen. Bei einer Ehescheidung verfügen die Gerichte aber über einen sehr großen Ermessensspielraum, der es ihnen ermöglicht, eine Vielzahl von gerichtlichen Anordnungen zur Regelung der Scheidungsfolgen zu treffen (diese werden häufig als Ancillary Relief bezeichnet) (siehe Antwort zu Punkt 5.1).

Schottland

In Schottland gilt ein Güterstand der modifizierten Gütertrennung. Allgemein gilt, dass die Ehe sich nicht auf die Vermögensverhältnisse auswirkt (Abschnitt 24 Family Law (Scotland) Act 1985). Dies wird allerdings in entscheidender Weise modifiziert:

  • Ein Ehegatte verfügt über ein gesetzliches Wohnrecht in der ehelichen Wohnung, selbst wenn diese dem jeweils anderen Ehegatten alleine gehört.
  • Es gilt das Prinzip der fairen Aufteilung des ehelichen Vermögens im Fall einer Ehescheidung (was normalerweise eine Aufteilung zu gleichen Teilen bedeutet).
  • Ein überlebender Ehegatte hat beim Tod des jeweils anderen Ehegatten bestimmte geschützte Rechte und erhält bei Hinterlassung eines gültigen Testaments oft den gesamten Nachlass.

2.2. Bestehen rechtliche Vermutungen in Bezug auf die Zuordnung bestimmter Güter?

England/Wales

Die Ehe an sich hat keine vermögensrechtlichen Auswirkungen. Siehe auch Punkt 5.1 unten.

Schottland

Es besteht die Vermutung, dass Haushaltsgegenstände, die in Erwartung der Eheschließung oder während der Ehe erworben werden, den Ehegatten zu gleichen Teilen gehören, selbst wenn sie nur von einem der Ehegatten erworben werden (Abschnitt 25 Family Law (Scotland) Act 1985).

2.3. Sollten die Ehegatten ein Vermögensverzeichnis erstellen? Wenn ja, wann und in welcher Form?

England/Wales

Hierzu besteht keine gesetzliche Pflicht. Da aber die Herkunft der Vermögenswerte einen Einfluss auf die gerichtlichen Anordnungen im Falle der Scheidung haben kann, ist es empfehlenswert, dass die Ehegatten eine Inventarliste erstellen (und ggf. aktualisieren). Siehe auch Punkt 3.1 und 3.2 unten.

Schottland

Es existiert keine Bestimmung, welche die Erstellung einer Vermögensaufstellung zwingend vorschreiben würde.

2.4. Wer ist für die Verwaltung des Vermögens zuständig? Wer ist berechtigt, darüber zu verfügen? Darf ein Ehegatte das Vermögen alleine verwalten/darüber verfügen oder ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich (z.B. im Fall der Verfügung über die Ehewohnung)? Welche Folgen hat die fehlende Zustimmung für die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts und im Verhältnis zu Dritten?

England/Wales

Abschnitt 37 Law of Property Act 1925 sieht vor, dass „Ehemann und Ehefrau für alle Zwecke des Erwerbs einer Beteiligung an Vermögenswerten (...) als zwei Personen behandelt werden“. Es gilt also das allgemeine Vermögensrecht. Das Recht in England und Wales räumt einem Ehegatten nicht einmal das Recht ein, bei Rechtsgeschäften im Zusammenhang mit dem Familienheim mitzubestimmen oder diese zu verhindern, wenn die Familienwohnung dem anderen Ehegatten alleine gehört (siehe National Provincial Bank Ltd. v. Ainsworth [1965] AC 1175 und Barclays Bank v. O'Brien [1994] 1 AC 1980).

Dabei ist aber zu beachten, dass das Recht in England und Wales zwischen sogenanntem legal ownership (das mit dem rechtlichen Eigentum verglichen werden kann, allerdings nicht identisch ist) und dem auf dem angelsächsischen Equity-Recht beruhenden equitable/beneficial ownership (das mit dem wirtschaftlichen Eigentum verglichen werden kann, jedoch nicht identisch ist) unterscheidet. Das Trust Law ermöglicht somit auch den Erwerb eines beneficial interest durch den einen Ehegatten an Vermögen, dessen legal owner der andere Ehegatte ist. Im Allgemeinen hat der legal owner das Recht, das Vermögen zu verwalten. Wenn aber sein Ehegatte (oder eine andere Person) ein beneficial interest an dem Vermögenswert erworben hat, kann dies zu bestimmten Einschränkungen führen.

Schottland

Ausgangspunkt ist, dass jeder Ehegatte sein eigenes Vermögen verwaltet. Nach  den allgemeinen Regeln der Stellvertretung können die Ehegatten sich jedoch auch gegenseitig zur Verwaltung bevollmächtigen. Jeder Ehegatte ist berechtigt, über seine eigenen Vermögenswerte zu verfügen. Das für die eheliche Wohnung geltende gesetzliche Wohnrecht bewirkt allerdings, dass der Ehegatte, dem die Wohnung gehört, über diese nicht ohne die Zustimmung des jeweils anderen Ehegatten verfügen kann. Liegt eine solche Zustimmung nicht vor, können die Wohnrechte einem Käufer entgegengehalten werden (Matrimonial Homes (Family Protection) (Scotland) Act 1981).

2.5. Gibt es Rechtsgeschäfte, die von nur einem der Ehegatten abgeschlossen werden, aber dennoch auch den anderen binden?

England/Wales

Nein. Es gilt das allgemeine Vertragsrecht, usw.

Schottland

Es gibt keine speziellen Regelungen für Ehegatten. Es gilt das allgemeine Recht der Stellvertretung.

2.6. Wer haftet für Schulden, die während der Ehe eingegangen wurden? Welches Vermögen darf von den Gläubigern zur Befriedigung ihrer Forderungen herangezogen werden?

England/Wales

Grundsätzlich haftet jeder Ehegatte für seine Verbindlichkeiten, sofern nicht besondere Umstände gegeben sind (siehe aber vorstehend Punkt 2.4). Es kann nur das Vermögen des Ehegatten, der die Verbindlichkeit eingegangen ist, zur Befriedigung der Forderung eines Gläubigers herangezogen werden.

Schottland

Jeder Ehegatte haftet für seine eigenen Verbindlichkeiten. Die Gläubiger des jeweiligen Ehegatten können nur das Vermögen dieses Ehegatten zur Befriedigung ihrer Forderungen heranziehen. Das Insolvenzrecht (siehe Abschnitte 40 und 41 Bankruptcy (Scotland) Act  1985) sieht jedoch einen besonderen Schutz der ehelichen Wohnung vor.